eBooks, Reader und Tablets
Inzwischen sollte auch der schärfste Kritiker begriffen haben, wohin die Reise geht. Natürlich wird es noch lange gedruckte Bücher geben, aber das eBook ist auf dem Vormarsch und selbst jene, die mit verklärtem Blick auf Papier und das Gefühl beim Berühren eines Buches hinweisen, können dies nicht ändern.
Es soll ja auch Leute gegeben haben, die den Furz eines Pferdes liebten und darum an die Ewigkeit von Kutschen glaubten ...
Untermauern lässt sich die Aussage - jenen mit den eBooks, nicht jene mit den Kutschen - durch eine Meldung des BITKOM, des Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. Laut einer Medlung vom 15. März 2013 bevorzugen bereits ein Fünftel der Leser eBooks. Umgerechnet sind dies über 12 Millionen Menschen!
Platzhirsch, wenn es um eBooks geht, ist ohne Zweifel Amazon. Mit der Einführung des Kindle und des entsprechenden Formats (basierend auf dem alten Mobi-Format) hat der Versender entscheidend zur Wahrnehmung von eBooks auch in Deutschland beigetragen.
Doch trotz Einführung des Kindle Paperwhite hat Amazon erkannt, wohin die Reise gehen wird - und zwar in Richtung Tablets. Mit dem Kindle Fire und dem Kindle Fire HD in zwei Größen bietet Amazon ein entsprechendes Gerät zu attraktiven Preisen.
Erstaunlich ist die Wanderung der User hin zu günstigen Tablets nicht. Mit einem Reader kann man vor allem eines - Bücher lesen. Manche bieten noch einen rudimentären Browser oder die Funktion, Musik, Hörbücher und Bilder zu nutzen.
Aber gerade Internet und Fotos lassen sich auf einem Reader mit eInk nur sehr bescheiden darstellen. Zum einen muss die Seite ständig refresht werden, um Ghosting zu verhindern, also das Durchscheinen der vorherigen Anzeige. Zum anderen ist eInk nicht farbig.
Das zu Beginn der Reader-Äre beschworene Feature, dass die Geräte ohne Beleuchtung auskommen und somit Aklku und Augen schonen, hat sich inzwischen auch erledigt; die Nachteile lagen auf der Hand. Schließlich ist man stets auf eine externe Beleuchtung angewiesen, will man den Reader nutzen. Das mag im Bett ja noch gehen, sofern die oder der Liebste auch bei Licht schlafen kann. Im Bus auf dem Weg von und zur Arbeit wird es da schon schwieriger.
Amazon hat dies erkannt und dem Paperwhite eine Lampe spendiert. Die ist zuschaltbar, nagt aber natürlich am Akku. Zudem ist die Ausleuchtung alles andere als optimal; dunkle Ränder sind unvermeidlich.
Der größte Nachteil bei einem reinen Reader ist jedoch das Format. Will man sich einen Reader zulegen, muss man sehr genau überlegen, wo man künftig seine Bücher kaufen möchte - Amazon oder andere Anbieter?
Denn während Amazon das Kindle-Format hat - mit oder ohne DRM, je nach Verlag - setzen die anderen Anbieter meist auf ePub. Und beides ist nicht zueinander kompatibel. Kauft man also einen Kindle, wird es schwer, ein geschütztes Buch bei buch.de zu kaufen - und umgekehrt.
Zwar lassen sich ungeschützte Bücher mit kostenfreien Tools wie Calibre von einem in das andere Format konvertieren, aber zum einen ist damit ein gewisser Aufwand verbunden, zum anderen ist das Ergebnis oft suboptimal.
Bei geschützten Büchern geht es erst gar nicht ...
Besser stellt man sich da mit einem Tablet, denn hier gibt es keine Einschränkungen, was das Format betrifft. Man kann frei aus der Vielzahl verschiedener Anbieter auswählen, da nahezu jeder eine App anbietet, um die jeweiligen Bücher zu lesen. So leben ePub und Kindle in guter Nachbarschaft und der User braucht sich keine Gedanken darum zu machen, wo er künftig sein Buch kaufen wird.
Dass die Zeit der Reader vorbei sein könnte, zeigt auch Barnes & Noble in den USA. Laut Huffington Post konnte sich deren Reader namens Nook nie wirklich durchsetzen. Nun startet der Verkauf eines Nook HD-Tablets, und für einen begrenzten Zeitraum bekommt jeder Kunde eines solchen Geräts einen Reader geschenkt - wohl, um die Dinger endlich loszuwerden.
Der Trend zum günstigen Tablet mit einer Fülle an Funktionen zeichnet sich deutlich ab. Doch dies scheint die deutschen Händler nicht zu interessieren, denn große Ketten haben sich nun zusammengetan, um einen Reader auf dem Markt zu etablieren.
Weltbild, Bertelsmann, Thalia, Hugendubel und die Telekom haben gemeinsam den Tolino Shine entwickelt - als Gegenprodukt zum Kindle Paperwhite.
Schaut man sich die Testberichte an, so kann das Gerät durchaus mit der Konkurrenz mithalten, auch wenn es hier und da kleinere Abstriche gibt. Vor allem, dass man nicht jede Seite refreshen kann und somit ein starkes Ghosting auffällt, wird wieder und wieder bemängelt.
Aber das sind Dinge, die nicht wirklich ins Gewicht fallen. In Zeiten, in denen sich Tablets fest etablieren und selbst große Ketten wie Barnes & Nobel ihre Reader verschenken, Amazon einen größeren Fire HD in Deutschland anbietet und sich die Kunden zunehmend den eBooks, aber auch den damit verbundenen Fragen bewusst werden, erscheint mir die Einführung eines Readers für knapp 100 Euro gewagt und - fast möchte man unken - verspätet. Ein ordentliches 7"-Tablet erhält man im Moment für 150 Euro, die Anwendungen sind um ein Vielfaches größer. Warum sich die deutschen Händler hier nicht auf ein günstiges Tablet mit gleicher Anbindung entschieden haben, vermag ich nicht zu sagen. Vielleicht, um die Konkurrenz auszuschließen, denn auf einem Tablet würde auch die Kindle-App laufen. Gleichzeitig schließt man damit jedoch die Kindle-Nutzer aus. Denn keiner wird sich zwei Reader neben das Bett legen.
Als Kindle- oder gar als Amazon-Killer wird der Tolino Shine meiner Meinung nach nicht dienen. User wollen nicht heute entscheiden, wo sie in einem Jahr ihre Bücher kaufen. Reader werden zunehmend unwichtig werden, Tablets, Apps und Anbindungen an Shops dafür umso wichtiger.
Ich hoffe, das erkennen auch die deutschen Buchhändler bald.Denn nur, wenn sie bald auf den richtigen Zug aufspringen, hilft es ihnen UND dem eBook in Deutschland!
Zum Schluss ein Tipp: Wer seine Bücher ohne DRM und für nahezu jeden Reader kaufen möchte, sollte bei beam-ebooks.de vorbeischauen. Dort gibt es nicht nur kostenfreies Lesefutter in Hülle und Fülle, sondern auch viele bekannte Romane großer Verlage, und dies in verschiedenen Formaten.
(Abbildung: 2098 - Ich, Killerin. Dark Fiction, eBook, erschienen 2010. Erhältlich für Kindle und ePub-Reader)