PEGU Consulting

Webdesign | Hosting | Support | Consulting

Weblog von PEGU Consulting

Freitag, 16. November 2012 / 20:28

Exitus für Print

Abgelegt unter Subjektives — von G. Arentzen

 Vor nicht einmal einem Monat schrieb ich einen Leitartikel für geisterspiegel.de mit dem Titel Printmedien und das Internet.

Darin ging es auch um die Frage, wie sich Zeitschriften und Zeitungen in Zeiten des Webs positionieren und wie falsch der bislang eingeschlagene Weg aus meiner Sicht ist; auch im Hinblick auf das Leistungsschutzrecht.

Der Artikel erschien am 1. November 2012.

Am 13. November musste die Frankfurter Rundschau Insolvenz beantragen.
Damit wurde ein traditionsreiches Blatt von jenem Zug überrollt, der seit Jahren durch die Medienwelt braust – ohne dass die Verlage bislang tatsächlich in der Lage waren, aufzuspringen.

Dass zur gleichen Zeit der Jahreszeiten-Verlag die Einstellung von Prinz als Print-Magazin vermeldete, ist in diesem Zusammenhang weitaus mehr als eine Randnotiz. Denn auch dieses Stadt-Magazin, das über lokale Aktivitäten, Events etc. berichtete, wurde in Zeiten des Internets und vor allem in Zeiten von Smartphone schlicht überflüssig.

Das Web ist sehr viel aktueller, schneller und breitgefächerter als es die Prinz je sein konnte. Vor allem aber ist das Web auch social – Tipps zu Events oder Locations werden über Facebook und Twitter geteilt, Einladungen trudeln digital ein.

Dabei ist der Niedergang der Frankfurter Rundschau durchaus traurig, denn die links-liberale Zeitung galt durchaus als seriös.

Problematisch für DuMont ist letztlich, dass das Klientel einer solchen Zeitung geistig nicht 1990 stehengeblieben ist, sondern die technischen Möglichkeiten nutzt.

Zwar konnte sich die FR früh als Innovationsführer in Deutschland positionieren, denn sie brachten schon 2010 eine hochgelobte App in den Store. Kapital daraus konnte der Verlag jedoch letztlich keinen schlagen. Der große Aufwand für die App und deren Bestückung lohnte sich nicht und verschlang Gelder, die durch den Verkauf im Store nicht gedeckt werden konnten. Zu früh wurde ein zu großes Projekt gestartet und sofort zum Verkauf angeboten.

Doch so wollte man zu früh zu viel erreichen – das iPad kam immerhin erst 2010 auf den Markt, die potentiellen Kunden waren also noch gar nicht in entsprechend großem Maße vorhanden. Und jene Kunden, die es gab, holte man nicht mit einem leichten Einstieg ab, sondern hoffte sofort auf zahlungswilliges Klientel.

Schaut man sich heute im Web um, finden sich viele Erklärungen für das Aus der FR. Und nicht wenige zielen darauf, dem Blatt eine Sonderstellung zuzuschreiben, auf spezielle Besonderheiten hinzuweisen und damit die FR an den Rand zu drängen. So, als könne das Schicksal der Frankfurter Rundschau nicht jede andere Zeitung treffen.
Meediabeschreibt es ganz richtig:

Nachdem sich der erste Schock über die Pleite der Frankfurter Rundschau gelegt hat, ist die Zeitungsbranche eifrig damit beschäftigt, sich selbst Baldrian einzuflößen.

Um ehrlich zu sein – ich sehe die FR nicht in einer Sonderrolle. Im Gegenteil!

 

Wohin man in Deutschland auch schaut, sieht man das gleiche, traurige Bild. Kein Verlag hat bislang ein überzeugendes Modell vorgestellt, wie er in Zeiten von Social Media, Twitter und „Jedermann-Journalismus“ bestehen will.

Sie alle klammern sich vor allem an Alt-Hergebrachtes und das wird scheitern.
Es wachsen Generationen heran, die schlicht keine Zeitungen mehr brauchen. Dass viele Mitglieder dieser jungen Generationen zudem völlig desinteressiert sind und sich auch im Web keine Nachrichten anschauen, sei mal dahingestellt. Jene, die es sind, kaufen sich keine Tageszeitung, die sie am Frühstückstisch lesen. Sie haben ihre Smartphones und Tablets – und genießen häufig einen deutlichen Informationsvorsprung gegenüber jenen, die Zeitung lesen.

Das Modell der Tageszeitung hat in meinen Augen keine Zukunft. Das mag der Branche nicht gefallen, sie mögen sich mit aller Macht gegen diese Erkenntnis stemmen und sie mögen wimmern, klagen und politische Lösungen suchen. Am Ende aber wird das Medium verschwinden. So wie andere Dinge verschwunden sind, wenn neue Erfindungen die Menschen auf ihrem Weg in die Zukunft voranbrachten.

Wie selbstverständlich für manche die Verknüpfung zwischen Print-Zeitung und Qualitäts-Journalismus ist, zeigt der Kommentar zur FR-Insolvenz von FAZ-Herausgeber Werner D‘Inka. Er schreibt:

[…] So oder so sollte das ungewisse Schicksal der „Frankfurter Rundschau“ einer an die Gratismasche der digitalen Welt gewöhnten Gesellschaft Anlass zum Nachdenken darüber geben, was ihr unabhängige Zeitungen und eine Vielfalt der Stimmen wert sind.
Die Basislektion lautet: Gratismahlzeiten gibt es nicht. Wer für guten Journalismus nicht gutes Geld ausgeben will, liefert sich dem Kommerz und den Suchmaschinen aus, die gierig sind auf unsere Daten. Und wenn die letzte anständige Zeitung verschwunden ist, bleibt nur noch das Geschwätz.

„Anständige Zeitungen“ passen laut diesem Kommentar scheinbar nicht in die digitale Welt, denn dort herrscht eine Gratismasche vor, die gutem Journalismus zuwider läuft.

Das ist in meinen Augen völliger Blödsinn. Dieses oft beschriene Gratis-Kultur existiert in gewissem Maße. Gleichzeitig sind User aber durchaus bereit, für guten Content zu zahlen.

Das Problem ist jedoch, dass es diesen guten Content so gut wie nicht gibt. Sicherlich, die teure FR-App rechnete sich nicht. Das liegt aber vor allem daran, dass sie viel zu früh kam und sich die User noch nicht an eine neue Geräte-Generation gewöhnt hatten.

Und sonst? Welche guten Apps. oder kostenpflichtigen Webseiten mit entsprechendem Content gibt es denn?

Es ist nicht damit getan, eine Zeitung auf das iPad zu bringen; am einfachsten noch als ePaper oder – schlimmer – als PDF. Damit lockt man niemandem hinter dem Ofen hervor.

Viel eher ist es wohl so, dass das gesamte Konzept statischer Nachrichten ausgedient hat. Ich will nicht wissen, wie viele Opfer ein Großbrand in München zum Redaktionsschluss gezeitigt hatte, sondern ich will ich den Stand in jenem Moment wissen, in dem ich die App starte. Zeitungen stehen für veraltete Nachrichten. Suchmaschinen, von D‘Inka kritisiert, liefern mir aktuelle Informationen; News, die tatsächlich neu sind. Das verlangt sowohl von Journalisten als auch von Redaktionen ein völlig anderes vorgehen. Zumal neben diesen tatsächlichen News zahlende User auch tiefergehende, gut recherchierte Hintergründe erfahren wollen; multimedial aufbereitet. Nur diese Kombination kann erfolgreich sein; und bislang finde ich das bei keinem ernsthaften Anbieter.

Viel eher finde ich bizarre Hürden, die mich am Sachverstand der Verantwortlichen zweifeln lassen.
Ein Beispiel: Wenn ich schon bereit bin, mir die aktuelle Ausgabe des SPIEGEL auf das iPad zu laden – und diese Ausgabe ohne all die Möglichkeiten, die das Medium eigentlich nutzen könnte, daherkommt, mich dann aber mit meinen Daten bei der Redaktion registrieren soll, statt den Kauf wie vorgesehen über iTunes abzuwickeln, dann verliere ich das Interesse an der App. Andere Magazine sind simple PDF-Umsetzungen ohne Mehrwert, lieblos auf das iPad gebracht. Wer bitte soll dafür zahlen? Und dies in Zeiten, in denen User aufgrund veralteter Informationen nicht einmal die Titel am Kiosk kaufen? Die Branche beklagt sich über Suchmaschinen und eine angenommene Gratis-Kultur, ohne jedoch dem User die Chance zu geben, ein modernes, informatives Angebot zu erwerben.

So lange die Verlage nicht begreifen, dass völlig neue Konzepte im Umgang mit Nachrichten gefragt sind, so lange sie glauben, mit Wimmern und dem Ruf nach dubiosen Gesetzen ihrem eigenen Exitus entgehen zu können, so lange wird sich nichts ändern. Mal sehen, in wie vielen Wochen oder Monaten über die nächste dahingeschiedene Zeitung zu berichten ist …

Zurück
Seiten
  • Home
  • Impressum
  • Nutzungsbedingungen
  • Datenschutzerklärung
  • Kontakt
  • Webseite
Kategorien
  • Allgemein (65)
  • PEGU intern (25)
  • Computer-News (49)
    • Hardware (8)
    • Software (61)
    • Spiele (34)
    • Internet (39)
    • Diverses (5)
  • Shortcuts (8)
  • Subjektives (72)
  • System (23)
  • Mac-Welten (26)
  • Mobiles Leben (62)
  • TypoScript-Schnipsel (4)
  • Games (19)
  • Linux (32)
  • Satire (4)
  • Im Test (51)
  • Entwicklung (1)
    • Tipps und Tricks (0)
    • JavaScript / Vue Schnipsel (5)
Archiv
  • Mai 2023 (5)
  • Dezember 2022 (1)
  • November 2021 (2)
  • September 2021 (1)
  • August 2021 (2)
  • Juli 2021 (1)
  • Juni 2021 (4)
  • Mai 2021 (9)
  • April 2021 (3)
  • März 2021 (2)
  • Februar 2021 (4)
  • Januar 2021 (5)
  • Dezember 2020 (8)
  • November 2020 (7)
  • September 2020 (1)
  • Juli 2020 (5)
  • Juni 2020 (6)
  • Mai 2020 (8)
  • Dezember 2018 (1)
  • Juli 2018 (1)
  • Mai 2018 (1)
  • April 2018 (1)
  • Februar 2018 (1)
  • Januar 2018 (2)
  • Dezember 2017 (2)
  • November 2017 (3)
  • Oktober 2017 (1)
  • März 2017 (2)
  • Februar 2017 (3)
  • Januar 2017 (2)
  • Dezember 2016 (2)
  • November 2016 (1)
  • Oktober 2016 (1)
  • September 2016 (2)
  • August 2016 (2)
  • Juli 2016 (2)
  • Mai 2016 (3)
  • April 2016 (4)
  • März 2016 (2)
  • Februar 2016 (4)
  • Januar 2016 (5)
  • Dezember 2015 (3)
  • November 2015 (2)
  • Oktober 2015 (1)
  • September 2015 (1)
  • August 2015 (2)
  • Juli 2015 (2)
  • Juni 2015 (2)
  • Mai 2015 (4)
  • April 2015 (11)
  • März 2015 (6)
  • Februar 2015 (2)
  • Januar 2015 (9)
  • Dezember 2014 (7)
  • November 2014 (4)
  • Oktober 2014 (7)
  • September 2014 (9)
  • August 2014 (10)
  • Juli 2014 (2)
  • Mai 2014 (2)
  • April 2014 (15)
  • März 2014 (8)
  • Februar 2014 (12)
  • Januar 2014 (3)
  • Dezember 2013 (3)
  • November 2013 (8)
  • Oktober 2013 (4)
  • September 2013 (7)
  • August 2013 (3)
  • Juli 2013 (6)
  • Juni 2013 (7)
  • Mai 2013 (6)
  • April 2013 (6)
  • März 2013 (13)
  • Februar 2013 (10)
  • Januar 2013 (7)
  • Dezember 2012 (5)
  • November 2012 (5)
  • Oktober 2012 (5)
  • September 2012 (2)
  • August 2012 (5)
  • Juli 2012 (10)
  • Juni 2012 (3)
  • April 2012 (1)
  • März 2012 (3)
  • Februar 2012 (3)
  • Januar 2012 (1)
  • Dezember 2011 (2)
  • November 2011 (2)
  • Oktober 2011 (5)
  • September 2011 (5)
  • August 2011 (4)
  • Juli 2011 (2)
  • Juni 2011 (2)
  • Mai 2011 (7)
  • April 2011 (12)
  • März 2011 (9)
  • Februar 2011 (2)
  • Dezember 2010 (1)
  • September 2010 (3)
  • Juni 2010 (1)
  • Mai 2010 (2)
  • Februar 2010 (3)
  • Januar 2010 (3)
  • Dezember 2009 (5)
  • November 2009 (1)
  • Juli 2009 (1)
  • Mai 2009 (2)
  • April 2009 (1)
  • März 2009 (2)
  • Februar 2009 (3)
  • Dezember 2008 (1)
  • Oktober 2008 (1)
  • August 2008 (1)
  • Juni 2008 (1)
  • Mai 2008 (2)
  • April 2008 (6)
  • März 2008 (3)
  • Februar 2008 (2)
  • Januar 2008 (4)
  • Dezember 2007 (6)
  • November 2007 (1)
  • Oktober 2007 (2)
  • September 2007 (1)
  • August 2007 (3)
  • Juli 2007 (5)
  • Mai 2007 (1)
  • April 2007 (6)
  • März 2007 (5)
  • Februar 2007 (4)
  • Januar 2007 (2)
  • Dezember 2006 (5)
  • November 2006 (2)
  • Oktober 2006 (5)
  • September 2006 (13)
  • März 2004 (1)
  • Oktober 2003 (1)
  • April 2003 (1)
  • Februar 2003 (1)
Blogroll
  • PEGU Webseite
  • Schriftsteller G. Arentzen
Feeds
  • RSS 2
© by PEGU Consulting, P. Arentzen — Design & Realisierung by PEGU Consulting — Powered by TYPO3