Facebook Home? Nein, danke!
Facebook möchte auf jedes Smartphone. Darum wird es auch kein eigenes Facebook-Smartphone geben. So zumindest sagte es Zuckerberg auf der Präsentation von Facebook Home. Stattdessen biete man einen Launcher für Android-Handys an.
Dass sich Facebook im Bezug auf Apps mit Ruhm bekleckert hat, kann man wirklich nicht behaupten. Die Facebook-App wirkt instabil, man kann über sie nicht alle Funktionen nutzen und besonders hübsch ist das Ding auch nicht.
Statt einer neuen Version der App nun also ein kompletter Launcher. Nun ist es ja nicht so, als sei Android ein durchgängiges System. Jeder, der es nutzen will, kann sein eigenes Süppchen kochen. Es gibt wohl kein ein fragmentierteres System als Android. Das nutzt eigentlich keinem. Dennoch kann man den verschiedenen Anbietern scheinbar nicht abgewöhnen, ihre eigene Software über Android zu legen. Mehr noch, diese Methode verhindert, dass User rasch an neue Versionen von Android kommen. Schließlich muss die jeweils eigene Suppe erst angepasst werden.
Facebook Home macht das sicherlich nicht besser. Im Gegenteil, der Eingriff findet tief im System statt und rückt Facebook damit in den absoluten Mittelpunkt des täglichen Lebens. Apps, der eigentliche Nutzen von Smartphones, sollen hingegen verdrängt werden.
Das mag für Teenies ja in Ordnung sein. Aber ob das Gros wirklich einen solchen Overkill will, ist in meinen Augen mehr als fraglich. Die Nutzer, die bereits jetzt Facebook Home testen können - für ausgewählte Geräte steht eine Vorab-Version im Play Store bereit - sind jedenfalls alles andere als begeistert und bewerten den Launcher noch schlechter als die App. Und das will schon was heißen!
Für Facebook dürfte indes viel von einem Erfolg des Launchers abhängen. Der Umschwung, der viele User gerade das Web mit mobilen Geräten wie Smartphones oder Tablets erleben lässt, hat das Unternehmen kalt erwischt. Das Konzept der Werbung geht dort nämlich nicht auf. Das ändert der Launcher, denn auf ihm kann Facebook wunderbar Werbung anzeigen. Somit könnten Ads also das erste sein, was man bei einem Blick auf sein Android-Gerät sieht; schöne, neue Facebook-Welt.
Der User hat wenig davon. Er muss die wichtigsten Apps als Favoriten definieren, alle anderen sind kompliziert zu erreichen. Wer nicht ständig Facebook nutzt, wird wenig Sinn darin sehen, einen solchen Eingriff zuzulassen und ihn auch noch mit Werbung zu bezahlen. Zumal auch Werbung das Datenvolumen belastet; gerade Nutzer von Verträgen oder PrePaid-Angeboten mit niedrigem Kontingent bei 3G oder 4G dürften sich ärgern, wenn ein Teil davon für Werbung verschwendet werden muss.
Neue Versionen von Android dürften für User von Facebook Home ebenfalls in weite Ferne rücken; nicht einmal wichtige Updates des Systems können problemlos aufgespielt werden, wenn der Launcher davon beeinflusst wird.
Am Ende werden wohl nur jene User Facebook Home nutzen, die ohnehin kaum etwas anderes mit ihrem Smartphone tun, als ihre freie und nicht ganz so freie Zeit bei Facebook zu verschwenden. Alle anderen User aber, also jene, die das Gerät überwiegend anders nutzen, werden hübsch die Finger von diesem Experiment lassen. Somit dürfte Zuckerberg sein Ziel verfehlen, auf jedes Handy zu kommen. Vor allem aber wird er so nicht den gewünschten und wohl auch dringend benötigten Schub mobiler Werbung einfahren. Vielleicht wäre eine komplett neue Facebook-App doch nicht so schlecht gewesen …