Klagelied eines Testers
In diesem Blog erscheinen viele Produkt-Tests. Das kommt daher, dass ich bei Amazon Vine registriert bin – das offizielle Testportal von Amazon.
Wir Tester dürfen aus einem Pool ganz verschiedener Produkte wählen, welche wir kostenfrei zum Test erhalten möchten. Wir dürfen sie behalten, jedoch wird von uns ein fairer und objektiver Testbericht erwartet. Amazon betont, dass sie keine Jubel-Bewertungen wollen und die bekommen sie auch nicht. Zumindest nicht von mir und auch nicht von manch anderen; meist sehe ich ja, was die Damen und Herrn Kollegen so schreiben. Meist decken sich unsere Erfahrungen, mal hat jemand ein Montagsprodukt erhalten … passiert. Als Tester kann ich nur testen, was ich in Händen halte.
In der letzten Zeit fallen mir jedoch Tests auf, die sich meinem Verständnis entziehen. Dabei geht es nicht um Jubel-Rezensionen; im Gegenteil. Eher darum, dass ich mich frage, was sich der Kollege oder die Kollegin eigentlich gedacht hat, als sie das Produkt bestellte.
Wohl gemerkt, wir erhalten keine ungefragt zugesandte Ware! Wir müssen sie aktiv ordern.
Was meine ich?
Beispiel 1: Haselnuss-Mus. Laut Beschreibung des Anbieters besteht es zu 100% aus Haselnüssen. Keine sonstigen Zutaten, keine Süße, kein Salz. Nur eben die Nuss - fein gemahlen zu einem Mus.
Ich selbst fand es äußerst lecker. Es schmeckt, wie erwartet, nach Haselnuss und sonst nix.
Ein Kollege von mir hatte damit ein Problem, denn ein Produkt, welches zu 100% aus Nuss besteht, war ihm zu nussig! Tja, blöde Natur aber auch - warum hast du keine Haselnuss erschaffen, die nach Nuss und Erdbeeren schmeckt? Da ist der Abzug eines Sterns gerechtfertigt; so, nun hasst du es, blöde Natur du!
Bei dem gleichen Produkt, welches damit wirbt, dass keine weiteren Zutaten enthalten sind, beschwerte sich eine Testerin, dass keine weiteren Zutaten enthalten sind - also, Honig zur Süße hätte ja schon drin sein dürfen. Dabei ist es ja Sinn und Zweck des Haselnuss-Muses, sowohl zu Würzigem als auch zu Süßem zu passen. Es schmeckt unter meiner vegetarischen Salami so lecker wie eben unter Honig. Natürlich kann sie das Zeug mit Honig essen - mache ich auch! Aber ich beschwere mich doch nicht … und ziehe einen Stern ab! … weil das Produkt die versprochenen Eigenschaften besitzt!
Noch schlimmer wird es bei Beispiel 2.
Hier nutzt ein Tester die Plattform, um seine persönliche Agenda auf Kosten des Anbieters zu verbreiten.
Generell habe ich kein Problem damit, weist man in der Rezension auf Missstände hin. So mahne ich den Einsatz von weniger Kunststoff an, denn es gibt viel zu viel Plastik auf der Welt. Nur ziehe ich dafür keine Sterne ab, sondern lasse es am Rande mit einfließen.
Doch manche Tester ordern Produkte ausschließlich, um ihre eigene Agenda zu verbreiten. Stein des Anstoßes war ein Laserpointer mit integrierter Taschenlampe und UV-Leuchte, vertrieben auch als Katzenspielzeug. Wir alle wissen ja, wie verrückt Katzen auf den roten Punkt sind.
Besagter Tester orderte also die Lampe und tobte sich in seiner Rezension dahingehend aus, wie schlimm doch Pointer für Katzen sind, da sie ja kein Jagdglück verspüren würden. Am Ende gab es einen Stern. Mit keinem Wort ging er auf das Produkt ein; er nahm einem anderen Tester also das Produkt weg und missbrauchte den Anbieter als Vehikel für seine Überzeugung. Am Ende gab es einen Stern.
Ich halte das für Missbrauch!
Der Anbieter der Lampe ist nicht für die Überzeugung des Testers verantwortlich. Wenn ich ein Produkt ablehne, schreibe ich das bei Facebook oder Twitter, mache ein Video oder stelle mich in den Park und schreie es laut in die Welt. Aber ich nutze als Vine-Tester nicht die Plattform, mache einen Anbieter zum Opfer meiner Überzeugung und ignoriere das Produkt völlig. Klar hätte er in seiner Bewertung schrieben können, was er von Pointern als Katzenspielzeug hält. Aber der Pointer hat mehrere Funktionen, er kann auch bei Präsentationen eingesetzt werden und die Taschenlampe ist ebenso praktisch wie die UV-Leuchte (ich weiß jetzt, dass der 1.750-Euro-Schein in meinem Geldbeutel echt ist dank des UV-Smileys, das ich sah!)
Vor allem eröffnet dies Missbrauch Tür und Tor. Sollen Vegetarier und Veganer nun tierische Produkte bestellen und mit einem Stern abstrafen, nur weil sie ihrer Überzeugung zuwiderlaufen?
Dies waren die extremen Beispiele, die ich in den letzten Tagen erlebte. Es gibt noch weitere. Etwa ein Kollege, der sich beschwerte, dass in einem Eiweißshake tatsächlich drin ist, was drauf steht - nämlich 28% Soja-Protein. Wenn man das nicht will, dann greift man eben nicht zu. Ich bin Vegetarier und mag keine Ersatzprodukte auf Soja-Basis. Dennoch würde ich keine vegetarischen Schnitzel auf Soja-Basis ordern und abwerten, weil mir Soja nicht schmeckt. Wie gesagt - wir wählen aus, was uns geschickt wird.
Ich hoffe, ich erlebe nicht einen Trend bei Vine - nämlich jenen, dass Produkte absichtlich bestellt und abgewertet werden, um die persönliche Agenda zu pushen. Das ist nicht unser Job. Unser Job ist, Produkte zu testen und fair zu bewerten - tun sie, was sie sollen und wie gut tun sie es. Riechen sie seltsam, ist die Verarbeitung schlecht, schmeckt es gut?
Das sind unsere Fragen. Da