Neues aus der Verlagswelt
Kaum eine Branche leidet so sehr unter dem Internet wie die Zeitungsbranche. Das liegt vor allem daran, dass die Verlage den Trend schlicht verschlafen haben und von dem Umschwung letztlich überrascht wurden. Als auch dem letzten Herausgeber klar war, dass es langsam ans Eingemachte geht, riefen einige von ihnen nach dem Leistungsschutzrecht - Suchmaschinen sollen doch bitte für den Service zahlen, User zu den Webseiten der Zeitungen zu schicken.
Das Leistungsschutzrecht ist da, gebracht hat es nichts. In der jetzigen Form dürften die Verlage leer ausgehen; viel Geschrei um nichts. Vor allem aber haben die Verantwortlichen wieder viel Zeit verloren, die sie sinnvoller hätten einsetzen können. Denn echte Strategien sucht man noch immer vergebens.
Okay, Springer ist eine Ausnahme. Obwohl nicht Klassenprimus, so hat das Unternehmen doch gewisse Ideen.
Nicht alle davon sind gut!
Früh setzte man im Hause Springer auf Tablet-PCs und brachte mit der Computerbild Spiele eine App auf den Markt, nach der sich andere Verlage die zehn Finger geleckt hätten. Vollversionen, die User über ein Software-Center laden konnten, multimediale Berichterstattung und sogar Apps aus dem App Store! Die App war top bewertet und viele User freuten sich auf die aktuelle Ausgabe.
Dann entschied man sich bei Springer, das Konzept umzuwerfen. Die Spiele und Apps wurden gestrichen, nun erscheint wöchentlich eine Mini-Ausgabe. Die Bewertungen sind im Keller, viele Kunden sprangen ab.
Wollte Springer demonstrieren, wie man eine App in den Olymp des App Stores hebt und sie anschließend krachend in den Hades stürzen lässt, so ist es den Verantwortlichen gelungen.
Auch die Webseite des Schundblatts BILD sollte auf dem mobilen PC Geld bringen. Mit etwas Geschick und dem richtigen Browser konnte man die Bezahlschranke jedoch umgehen.
Nun soll BILD komplett kostenpflichtig werden. Bis zu 14,99 im Monat werden fällig, will man den kompletten Service inklusive Bundesliga. Ich tippe mal, dass die Kunden NUR wegen der Bundesliga derart viel Geld ausgeben. Denn Nackte, polemische Artikel, Ekel-Bilder und dreiste Lügen bekommt man anderweitig auch kostenlos; da muss man wahrlich nicht die BILD kaufen oder sich einen Zugang zu bild.de holen. Wobei der Deal vorsieht, dass Käufer des gedruckten Blatts einen Tageszugang erhalten. Ob auf diese Weise tatsächlich viele Abos verkauft werden, bleibt abzuwarten.
Genug davon.
Der Branche fehlen die Leser, das klagt sie nahezu im Tagestakt. Und falls nicht, dann verprellt man eben seine Abonnenten. So, wie es die WAZ laut Meedia gerade tut. Sie hat ihren Kunden geschrieben, dass manche von ihnen aufgrund von Logistikänderungen ihre Ausgabe erst einen Tag später erhalten werden. Also, jede Ausgabe - nicht nur einmal. Aber immerhin können die Kunden ja das ePaper nutzen.
Das muss man sich einmal vorstellen - die WAZ liefert einigen Kunden tatsächlich die Zeitung vom Vortag. Die ist in der heutigen Zeit nicht mal das Papier wert, auf dem sie gedruckt wurde. Und das ePaper ist keine echte Alternative, denn die Kunden können es nur dann nutzen, wenn sie auch die gedruckte Zeitung abonnieren. Sie müssen also den vollen Preis zahlen, damit sie morgens ihre Zeitung digital lesen können, während der Zeitungsbote die gedruckte Ausgabe gleich ins Altpapier geben kann.
Kommen wir zum Spiegel.
Der Spiegel kann über eine App im App Store gelesen werden. Dumm nur, dass ich mich bei Spiegel registrieren muss, um eine Ausgabe zu erwerben. Technisch macht das keinen Sinn, denn die Einkäufe werden über iTunes abgewickelt. Der Vorteil, mit dem Login den Spiegel auch am PC lesen zu können, ist zwar nett - aber nur für jene, die das wollen. Eine optionale Anmeldung würde ich begrüßen, eine Zwangsanmeldung, nur damit der Verlag meine Daten sammeln kann, finde ich hingegen schlicht unmöglich. Oder muss ich künftig meinen Ausweis zeigen und mich registrieren, wenn ich den Spiegel am Kiosk kaufe?
Nicht wenige User sehen aus diesem Grund von einem Kauf ab!
Noch weniger Chancen hat man, will man zum Beispiel die PM History lesen, eine Zeitschrift, die ich hin und wieder lese. Will man dieses Magazin lesen, muss man über Pubbles gehen - und dort erhält man ein PDF des Magazins. Video- und Tondokumente oder gar Interaktives findet man dort natürlich nicht. Es ist eine dröge 1:1-Kopie, sonst nichts. Im Jahr 2013 ist das ein bisschen mager ...
Wohin ich auch blicke - die Zeitungen und Zeitschriften haben noch immer nicht verstanden, was User wollen. Kein Wunder, dass sie keine Strategien entwickeln, die wirklich funktionieren. Ob es an dem fortgeschrittenen Alter der Verantwortlichen liegt? Ich weiß es nicht.
Vielleicht müssen noch zehn Jahre vergehen, bis auch der letzte Verleger verstanden hat, wohin die Reise geht - auch wenn dann wieder ein neuer Trend da ist, den sie alle verschlafen können.