Steam und der Handel mit Gebraucht-Spielen
Fangen wir mit etwas Basis-Wissen an.
Es gibt in innerhalb Europas einige Gerichte mit der Silbe "Euro" im Namen. Nicht alle davon sind auch ein Organ der Europäischen Gemeinschaft - also der EU.
Der „Europäische Gerichtshof“ – kurz EuGH – ist es, und nicht nur das – er ist das oberste Recht sprechende Organ der Europäischen Gemeinschaft. In dieser Funktion ist er in manchen Fällen wichtiger als etwa der Bundesgerichtshof. Dann nämlich, wenn europäisches Recht schwerer wiegt als nationales Recht; und das kommt doch recht häufig vor.
Besagter EuGH hat bereits vor einem Jahr entschieden, dass der Handel mit gebrauchter Software generell gestattet werden muss. Dies gilt nicht allein für Software, die auf Datenträgern verkauft wurde, sondern auch für Software aus dem Internet.
Diese Entscheidung traf der EuGH im Falle von UsedSoft vs. Oracle. In der Entscheidung heißt es unter anderem:
[…] Nach dieser Richtlinie erschöpft sich das Recht zur Verbreitung einer Programmkopie in der Union mit dem Erstverkauf dieser Kopie durch den Urheberrechtsinhaber oder mit seiner Zustimmung.
So verliert der Rechtsinhaber, der eine Kopie in einem Mitgliedstaat der Union vermarktet hat, die Möglichkeit,
sich auf sein Verwertungsmonopol zu berufen, um sich dem Weiterverkauf der Kopie zu widersetzen. […]
Der Gerichtshof führt in seinem Urteil aus, dass der Grundsatz der Erschöpfung des Verbreitungsrechts nicht nur dann gilt, wenn der Urheberrechtsinhaber die Kopien seiner Software auf einem Datenträger (CD-ROM oder DVD) vermarktet, sondern auch dann, wenner sie durch Herunterladen von seiner Internetseite verbreitet. […]
Soweit, so klar.
In der Praxis besagt dies also, dass man Software, die man nicht mehr braucht, verkaufen kann – egal, ob man eine CD oder DVD im Schrank hat, oder ob der Kauf rein digital vonstattenging.
Und jetzt schauen wir uns PC-Games an!
Kauft man heute ein Spiel, wird es meistens zwangsweise an Steam (oder EA’s Origin) gebunden. Selbst wenn man eine DVD erworben hat, muss man das Spiel über Steam aktivieren.
Damit ist der Weiterverkauf ausgeschlossen, denn man kann ein Spiel nicht deaktivieren! Diese Funktion sieht Steam nicht vor.
Hintergrund ist, dass die Games-Industrie ohnehin am liebsten den Gebrauchtmarkt abschaffen würde. Seit Jahren versuchen die großen Publisher alles, um den Second-Hand-Handel zu erschweren oder – bei PC-Spielen – unmöglich zu machen. Microsoft wollte mit der Xbox One den Gebrauchthandel noch stärker einschränken und kontrollieren.
All diese Methoden verstoßen jedoch gegen geltendes Recht, denn tatsächlich darf der Publisher den Wiederverkauf gar nicht unterbinden. Die momentane Praxis, Spiele an Steam zu binden, um den Weiterverkauf unmöglich zu machen, ist ungesetzlich; zumindest innerhalb der Europäischen Union.
Das interessiert jedoch weder die Publisher, noch interessiert es Valve, den Anbieter von Steam. Und das, obwohl der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) bereits im Oktober 2012 von Valve gefordert hat, das Urteil des EuGH zu beachten.
Geändert hat sich nichts, Steam stellt sich taub.
Nun berichtet chip.de, dass der VZBV den Weiterverkauf per Gerichtsurteil erzwingen will. Das Landgericht Berlin hat Valve nun eine Frist bis 7. August gesetzt, um sich zu äußern.
Sonderlich wahrscheinlich ist es nicht, dass Valve einlenken wird. Wahrscheinlich zögern sie es hinaus, bis ein Urteil rechtskräftig ist, denn jeder Tag, den sie verstreichen lassen, ist gut für Valve und gut für die Publisher. Da der VZBV nun aber offenbar keine Lust mehr hat, sich hinhalten zu lassen, dürfte es noch in diesem Jahr zu einer Verhandlung kommen. Am Ende wird, da bin ich mir sicher, stehen, dass der Weiterverkauf ermöglicht werden muss. Aber bis dahin wird wohl noch mindestens ein Steam Xmas-Verkauf stehen. Vielleicht auch zwei; je nachdem, mit welchen Winkelzügen die Industrie kommt …