The Elder Scrolls IV - Oblivion: Ein kritischer Bericht
Zwei Jahre ist es nun her, dass »The Elder Scrolls IV – Oblivion« erschien. Zwei Jahre, in denen das Spiel ein Add-on sowie eine Plug-in-Sammlung erfuhr, eine GOTY-Edition erschien und die Nachfrage nach dem Spiel auch weiterhin anhält.
Dabei trat »Oblivion« in die Fußstapfen des erfolgreichen Vorgängers »The Elder Scrolls III – Morrowind«, welches bereits 2002 erschien. Schaut man sich die Wertungen der Spielezeitschriften an, müsste man eines annehmen – Oblivion macht vieles besser als sein Vorgänger. So vergab die Game Star bei »Morrowind« 82, bei »Oblivion« hingegen satte 90 Punkte.
Aber ist dem wirklich so? Ist der vierte Teil so viel besser als sein Vorgänger?
Wie bei Spielen üblich kann diese Frage nicht mit einem klaren Ja oder Nein beantwortet werden.
Optisch liegen zwischen den beiden Spielen Welten. »Morrowind« wirkte schon 2002 nicht mehr zeitgemäß und schwächelter vor allem bei der Darstellung der Menschen und menschenähnlichen Wesen. In »Oblivion« hingegen wird der Spieler mit stimmungsvoller Grafik verwöhnt.
Auch akustisch kann der vierte Teil der Serie glänzen, denn sowohl der Soundtrack als auch die Sprecher sind gelungen.
Aber diese beiden Punkte machen nicht den Spielspaß aus, sie rechtfertigen keine 90 Punkte in einem Test. Hierfür muss auch der Spielspaß stimmen, die Aufgaben, welche der Spieler zu erfüllen hat sowie die Freizügigkeit.
Und in all diesen Punkten patzt Oblivion gegenüber seinem Vorgänger.
Neben der Hauptquest, dem Schutz des Landes Tamriel vor einem bösen Gott, kann der Spieler zahlreiche Nebenaufgaben erledigen; zum einen für Gilden (Diebes-, Kämpfer- und Magiergilde oder die »Dunkle Bruderschaft«), zum anderen für Bewohner der Städte in Tamriel.
Was auf den ersten Blick wie eine Fülle von Möglichkeiten wirkt, ernüchtert bald. Zu ähnlich sind die Missionen. »Gehe zu Punkt X, kämpfe dich durch die Gegner und besorge mir Y.« Nur wenige Ausnahmen weichen von diesem Schema ab. Die einzig große Ausnahme stellen die Missionen der »Dunklen Bruderschaft«, der Mördergilde, dar. Sie lauten jedoch ähnlich uninspiriert: »Gehe zu Punkt X und töte Y.«
Die Missionen selbst können nur auf eine Weise gelöst werden, Variationen oder Entscheidungen des Spielers sind nicht vorgesehen. Muss jemand getötet werden, dann ist er auch zu töten. Will man innerhalb der Gilde voran kommen oder die Hauptquest lösen, bleibt einem also keine andere Wahl.
Somit ist man ständig damit beschäftigt, von Punkt A nach Punkt B zu laufen, reiten oder schnellzureisen, um seine Aufgaben zu erledigen. Schnell ermüden die Aufgaben und man sehnt sich Abwechslung herbei. Doch diese sind allzu rar gestreut, so dass sich nach ein paar Stunden Routine und damit auch Langeweile einstellt. Eine Höhle zu durchqueren, in denen Oger hausen, ist zwar fordernd, was die Kämpfe betrifft, nicht aber auf Dauer motivierend. Denkt man als Spieler sogar oh nein, nicht schon wieder eine Höhle oder Ruine, dann macht das Spiel etwas falsch.
Doch »Oblivion« schwächelt noch auf anderer Ebene, und dies ist die Moral. Hat man die Aufgabe, jemanden zu töten, so muss man dies tun. Es gibt keine Alternative, es wird nicht nach dem Richtig oder Falsch gefragt. Selbst in der Hauptquest kann man nur vorankommen, wenn man tötet oder zumindest Menschen in eine tödliche Falle lockt. Schlimmer noch – das Töten eines Menschen (oder menschenähnlichen Wesens) außerhalb einer Quest wird zwar mit einer Geldstrafe belegt, gleichzeitig ist dies aber der Einstieg zu einer Karriere innerhalb der »Dunklen Bruderschaft«. Und dort warten Reichtum und magische Belohnungen auf den Spieler, meuchelt er geschickt. Selbst vor dem Mord an einem erst 15jährigen Mädchen schreckten die Macher nicht zurück. Der Spieler weiß nicht, warum er mordet und ihm steht es nicht frei, einen alternativen Lösungsweg zu suchen.
In »Morrowind« war dies noch anders. Hier standen dem Spieler häufig Alternativen zur Verfügung, um das Töten zu umgehen.
Oblivion funktioniert in weiten Teilen nach dem aus dem TV bekannten Schema – der Gute darf alles, notfalls auch foltern und töten. Es dient ja einer guten Sache. Oblivion wurde damit zu einem reinen Kampfspiel, das vom Spieler sehr wenig Taktik und Verstand, dafür umso mehr Skrupellosigkeit und Kampfgeschick fordert. Eine deutliche Abwertung gegenüber dem Vorgänger also.
Umso unverständlicher, dass das Spiel in Deutschland eine USK-Freigabe »Ab 12 Jahre« erhalten hat. Selbst die Europäische Einstufung PEGI, die etwa in Großbritannien benutzt wird und in der Regel liberaler ist als der deutsche Jugendschutz, kam zu einem anderen Ergebnis und ratete das Spiel mit »16+«.
Letztlich hätte »The Elder Scrolls IV – Oblivion« keine derart hohe Wertung verdient; vor allem nicht im Vergleich zu seinem Vorgänger. Denn dort verliert das Spiel sogar, so dass eine Wertung unter 80 angezeigt gewesen wäre. Durch die moralisch fragwürdigen Quests eignet sich das Spiel auf keinen Fall für Kinder ab 12 Jahre. Selbst eine Einstufung »Ab 16 Jahre« ist fragwürdig, so dass ein roter Aufkleber der USK angezeigt wäre.