Xbox One: Beschränkungen gestrichen
Es gibt Ideen, die sind wirklich gut. Dann gibt es Ideen, die sind es nicht. Und manche Ideen scheinen ganz gut zu sein, werden aber im Laufe des Prozesses immer schlechter. So erging es nun Microsoft.
Der Spieler in mir fand die Idee, den Gebrauchtmarkt einzuschränken, ein DRM einzuführen, Import-Spiele technisch auszuschließen und die Konsole einmal am Tag ins Netz lassen zu müssen, damit ich Offline-Spiele spielen kann, ziemlich bescheiden.
Der Geschäftsmann in mir musste zugeben, dass gerade der Gebrauchtmarkt eine Bürde für die Industrie ist. Spiele sollen heute immer anspruchsvoller, optisch opulenter und ausgereifter sein. Die Entwicklungszeit kostet sehr viel Geld. Wenn die Einnahmen dann hinter den Erwartungen zurückbleiben, weil viele Spieler lieber etwas warten und sich das Game aus zweiter Hand holen, kann das für ein Studio problematisch werden.
Schaut man sich die Landschaft der Entwickler an, so sieht man eines - selbst große Studios können in Bedrängnis geraten. Kleinere Studios verschwinden oder werden aufgekauft und ausgeschlachtet, weil sie ihre Produkte nicht in entsprechenden Stückzahlen verkaufen können. Jüngstes Beispiel ist hier IO Interactive, die Macher von Hitman. Die mussten etwa die Hälfte der Belegschaft entlassen und einige Projekte einstampfen. Selbst der wirklich gute Hitman Absolution (Von Game Star mit 87 % bewertet) verkaufte sich schwach.
Auf dem PC ist ein Wiederverkauf von Titeln dank Steam-Pflicht oder Origin von EA schon länger kaum noch möglich. Der Wunsch der Industrie, eine ähnliche Variante auch auf die Konsolen zu übertragen, ist verständlich. Wobei Microsoft nicht einmal plante, den Gebrauchtmarkt komplett auszuhebeln.
Die Stimme der Vernunft in mir ist daher durchaus gewillt, der Industrie zuzustimmen, wenn sie den Gebrauchtmarkt als schädlich für die Branche bezeichnet.
Die Stimme des Spielers in mir sieht das jedoch völlig anders!
Ich habe zum Beispiel einige Spiele für die Xbox, die ich demnächst gegen Wii-Varianten tauschen möchte, denn meine Tochter freute sich über eine Wii zum Geburtstag. Ja, eine Wii - keine Wii-U, aber das ist ein anderes Thema.
Mein Plan ist es nun, die Sportspiele der Xbox 360 gegen ihre Brüder aus dem Wii-Lager zu ersetzen. Ohne Gebrauchtmarkt wäre das nicht möglich.
Das alles gesagt, kommen wir wieder zu Microsoft. Diese hatten - wie bekannt - bei der Präsentation der Xbox One einige Restriktionen genannt, die den Spielern so gar nicht gefielen.
Auch auf der E3 hagelte es wieder Proteste. Schlimmer aber als alle Proteste der potenziellen Kunden dürfte gewesen sein, dass Sony all diese Restriktionen nicht einführen will. Die Gefahr, dass Käufer zur Playstation 4 abwandern, war also sehr real.
Im Grunde blieb Microsoft nach Sonys Ankündigung gar nichts anderes übrig, als die Restriktionen zu streichen. Es wäre glatter Selbstmord gewesen, daran festzuhalten.
So kommt es, dass kein DRM eingesetzt wird, keine Regio-Code-Sperre, keine Gebrauchtmarkt-Sperre und kein Online-Zwang einmal in 24 Stunden.
Um solch große Änderungen auf dem Konsolensektor umzusetzen, hätten sich Sony, Microsoft und auch Nintendo einig sein müssen. Und das war offenbar nicht der Fall. Ein Alleingang von Microsoft musste scheitern, denn er konnte nur eines bedeuten - den Mitbewerbern Käufer in die Arme treiben.
So sehr sich der Spieler in mir freut, so sehr schaut der Verkäufer in mir zweifelnd in die Zukunft. Denn wenn alle kleinen Publisher gestorben sind, stellen wir fest, dass EA keine Innovationen verkauft.