Zensur!
Zensur!
Wieder einmal hallte dieser Begriff in den vergangenen Wochen durch das Web. Apple hatte eine einzelne Ausgabe einer spanischen Zeitschrift aufgrund des Covers aus dem iOS-Kiosk verbannt und Facebook ein Bild von Meedia gelöscht.
Wieder einmal waren die Kaltfront der Pressefreiheit sowie die Warmfront amerikanischer Prüderie aufeinander geprallt, hatten ein paar Blitze erzeugt und einen Donner durch das europäische Web grollen lassen.
Penisse und nackte Frauenbrüste sind den Amerikanern ein Gräuel. Sie verdammen es, Kinder bis zum vollendeten 30. Lebensjahr sollten besser nicht damit in Berührung kommen und die Darstellung solch exzessiver Pornographie wird nicht nur von Apple und Facebook vom Antlitz ihrer Angebote getilgt.
Natürlich kollidiert hier die Pressefreiheit mit den Moralvorstellungen der Amerikaner.
ABER …
… wer das Haus baut, bestimmt die Hausordnung. So einfach ist das. Wenn man im Kiosk von Apple Magazine verkaufen will, muss man sich an die Regeln von Apple halten. Man muss sie nicht gut finden, man kann sich über sie lustig machen - aber man muss sie einhalten.
Nicht anders ist es bei Postings über Facebook. Wenn dort die Regel herrscht, dass nackte Titten böse sind, dann dürfen sie eben nicht gezeigt werden. Auch nicht von stillenden Frauen.
Natürlich gibt es einen gewissen Zwang für die Verlagsbranche, ihre Ausgaben auch bei Apple anzubieten. Aber für diesen Zwang kann Apple nichts.
Apple stellte ein Angebot auf und sagte: "Zu den und den Bedingungen könnt ihr …"
Wie bei Apple üblich war das Konzept gut durchdacht, die User von iPads entdeckten elektronische Zeitungen und Zeitschriften, die Branche atmete auf; hatte sie doch Jahre unter rückläufigen Absatzzahlen zu leiden.Der Springer-Chef riet seinen Kollegen gar dazu, einmal am Tag Steve Jobs für die Rettung der Branche zu danken.
Warum aber soll man nun Apple einen Vorwurf machen, wenn man in Cupertino auf die Einhaltung der Regeln bedacht ist?
Apple kann nichts dafür, dass es keinem anderen Anbieter gelungen ist, ein vergleichbares Angebot zu etablieren. Und Apple kann auch nichts für die Unfähigkeit von Google, das Konzept erfolgreich auf Android-Geräte zu portieren.
Die Prüderie, um die es hier geht, ist zudem nicht Apples Prüderie. Es ist die Angst einer Branche, gegen die amerikanische Moral zu verstoßen.
Das betrifft auch Facebook.
Die Regeln sind klar. Natürlich muss man bei Facebook sein, will man wahrgenommen werden. Aber auch hier kann man Facebook schwerlich einen Vorwurf machen.Sie haben ihr Unternehmen aufgezogen, Mitbewerber versagten kläglich; auch das deutsche "Wer kennt Wen" kann nicht annähernd an den Erfolg von Facebook anknüpfen.
Amerikanische Unternehmen dominieren den Markt - will man daran teilhaben, muss man ihre Regeln beachten. Und das sind eben amerikanische Regeln.
Keiner hindert die Deutschen daran, tolle Produkte mit deutschen Ideen und Vorstellungen auf den Markt zu bringen. Nur - es passiert nicht; warum auch immer.